17.09.2021 vierzehnter Blog Eintrag – Uhrzeit MESZ 11:42 Uhr
Hallo zusammen,
Palliativmedizin ist die „aktive und ganzheitliche Behandlung von Patienten, die an einer fortschreitenden Erkrankung mit einer begrenzten Lebenserwartung leiden. Aufgabe der Palliativmedizin ist es, das Leben und die Lebensqualität von Krebserkrankten möglichst lange zu erhalten“. Oder Klartext laut Schulmedizin: die lebensverkürzende Erkrankung kann nicht mehr geheilt werden, der Tod rückt tumorbiologisch in nahe Zukunft! Die Schulmedizin ist mit den Behandlungsmöglichkeiten und Therapieansätze am Ende angelangt, das Mysterium Körper hat gesiegt, der zu einem der komplexesten Organismen auf diesem Planeten gehört und noch viele Geheimnisse birgt. Palliativmedizin sagt nichts über die Überlebensrate und den Todeszeitpunkt aus. Dies kann einen Zeitraum von mehreren Jahren oder Wochen betreffen, selten auch Tagen in denen die Todesengel über den Krebserkrankten schwingen. Schulmedizinisch > 10 Jahre Überleben wird fast ausgeschlossen.
Für die Vertiefung der Palliativmedizin (Leistungsumfang, Ziele, Formen) nachfolgender Link: https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/palliativmedizin/
Das erste Mal wurde ich mit dem Wort palliativ konfrontiert im Arztbrief der Klinik vom 4.12.2020 an meinen Onkologen und kurz darauf in der Erstuntersuchung und Vorstellung in der hämatologischen onkologischen Schwerpunktpraxis am 14.12.2020. Bis zu diesem Zeitpunkt ließ man mich im Unklaren oder Hoffnung/ Glaube mein Tumor könnte eine Heilung erfahren. Nach dem ersten geistigen und seelischen knock out mit der Diagnose Krebs am 16.11.2020 folgte der zweite K.o. Schlag kurz danach beim Onkologen: inoperabel, aggressiv, zerstörerisch, tödlich. Die ersten beiden Kampfrunden gingen eindeutig an meinen Krebs, Punktsieg!
Palliative Therapie erfolgt klassisch wie in meinem Fall mit Chemotherapie (mein Allgemeinzustand war medizinisch sehr gut), auch bei Bestehen eines hohen Risikos für eine zu erwartende schlechtere Lebensqualität danach. Ziel der Therapie ist der Stopp einer weiteren Metastasierung und Vergrößerung des Tumorherdes. Soweit die Schulmedizin, Verfahren nach Handbuch XY, Standardprocedere und Routine, obwohl kein Krebserkrankter vergleichbar ist. Überlebenschance gering. Sätze des Onkologen wie z.B. „gehen Sie noch einmal schön in den Urlaub mit Ihrer Frau, solange Sie es können“ oder „genießen Sie bewusst jeden Tag und erfüllen sich Wünsche“ sprechen die Sprache einer hoffnungslosen palliativen Schulmedizin, zugleich lukratives Geschäftsfeld der Pharmaindustrie.
Für mich ist palliative Therapie absolut lebensbejahend. Mein Leben ist endlich. Das war es auch vor meiner Krebsdiagnose, aber mein Krebs wirkt seelisch und geistig nicht lebenslimitierend. Ich bin autonom, mein Leben ist selbstbestimmt. Meine Lebensqualität rückt in den Vordergrund. Ich habe Lust am Leben zu sein (epikureische Lebensgefühl), und dafür bin ich dankbar. Wir sollten das tägliche Leben als Glück empfinden und Freude daran haben. Unerfüllte Forderungen an unser Leben zerstören die Intensität und Wahrnehmung der erlebten Tagesstunden. Wer seinem Leben einen Sinn gibt, seinen Werten Raum zur Entfaltung gibt, der lebt wahrhaftig, bewusst, zufrieden mit sich und seiner Umwelt im Einklang. Genieße den Atemzug deines Lebens und beschäftige dich mit der Selbstsorge. Ich genieße aktuell mein Leben mit dem Tumor viel intensiver und wertschätzender als vor dem Bekanntwerden der Krankheit. Ich entschleunige mein Leben um bewusster zu leben, dazu gehört die Ruhe und Regeneration und die Reduzierung der Wahrnehmungsreize (Ablenkungsmöglichkeiten). Ich muss auch nicht mehr temporeiches leistungserhöhendes Multitasking ausüben. Ich übe mich in Langsamkeit und Müßiggang.
Aber um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen: „Palliativmedizin, das Ende?“ in meinem Fall nach 10 Monaten beantworte ich die Frage mit NEIN. 21 Chemotherapien konnten den Krebs im Wachstum stoppen und um ca. 50% zerstören. Punktsieg für mich! Lebensverlängerung? JA. Es bleibt spannend …
„Jeder sollte seinen Körper als ein unbezahlbares Geschenk betrachten, erhalten von jemandem, den man über alles liebt, als ein wunderbares Kunstwerk von unbeschreiblicher Schönheit und als Geheimnis jenseits menschlicher Begriffe und so zart, dass ein Wort, ein Hauch, ein Blick, ja ein Gedanke ihn verletzen kann.“
Nicola Tesla (1856-1943)
An alle Krebskranken: „never give up“!
Euer
Christian
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